„La Bataille (d`Anghiari)“, Bronze, von Jacques Charles Delahaye (1928-2010)
Das Bronzerelief „La Bataille (d`Anghiari)“, die Schlacht von Anghiari, entstand 1961, wurde 1965 für die Städtischen Kunstsammlungen Bochum angekauft und 1983 vor der Haupteingangsfassade an einer Außenwand (Nähe Bushaltestelle) installiert. Das Werk stammt von dem französischen Bildhauer Jacques Charles Delahaye, der als ein bedeutender Vertreter der abstrakt-informellen Kunst nach dem 2. Weltkrieg gilt. Mit „La Bataille“ besitzt das Kunstmuseum Bochum ein Werk, das einen Höhepunkt im Schaffen des Künstlers darstellt, der sich um 1962 aus der aktiven Kunstproduktion zurückzog, nachdem er in den 1950er und 60er Jahren als Vertreter der internationalen Avantgarde gefeiert worden war. 2006 widmete die Galerie Villa Wessel in Iserlohn dem Documenta II-Teilnehmer eine Einzelausstellung, die ihn als wichtigen Vertreter informeller Plastik wiederentdeckte. Das nahezu quadratische Bochumer Relief zeichnet sich durch eine enorme Dynamik unterschiedlich großer, unterschiedlich geformter, unterschiedlich weit in den Raum ein- bzw. vorgreifender, zum Teil rundorganischer, zum Teil scharfkantiger Erhebungen aus. Eine zugrunde liegende Ordnung nach dem sich die ´Buckel` und ´Höhlungen` bzw. die dadurch verursachten Licht-Schatten-Wechsel systematisieren ließen, ist nicht erkennbar. Stattdessen überwiegt der Eindruck eines chaotischen Gewimmels. Erst auf den zweiten Blick, vor allem aber nach dem Verlassen der frontalen Standortposition vor dem Relief hin zu einer seitlichen Blickwinkel-Position, werden Pferdeköpfe und -leiber, Figuren, Torsi und Reiter erkennbar. Die ineinander verkeilten, abstrahierten Mensch-Tier-Leiber erscheinen als eine anonyme Masse. Mit seinem Relief bezieht sich der französische Künstler auf ein verlorengegangenes Wandgemälde Leonardo da Vincis, das dieser 1503 im Palazzo Vecchio begonnen hatte zu malen. Es zeigte die Schlacht bei d` Anghiari von 1440, in der die Florentiner über die Mailänder siegten.1506, als Leonardo nach Mailand ging, hatte er das Bild unvollendet zurückgelassen. Mit „La Bataille“ ist es Jacques Charles Delahaye gelungen, die an sich widersprüchliche Dualität von figürlicher und informeller Darstellung zu vereinen.
„Lebensgröße Dresden“ (1983), Bronze, von Heinz Breloh (1940-2001)
Die 2018 vor dem Kunstmuseum Bochum erfolgte Aufstellung der zu den typischen Arbeiten des Bildhauers Heinz Breloh zählenden Bronze „Lebensgröße Dresden“ aus dem Jahr 1983 dokumentiert den engen Bezug des Künstlers zu Bochum. 1998 hatte der als „sculpteur sculpteur“, also als Bildhauer für Bildhauer geltende Künstler, der viel über das bildhauerische Metier nachdachte und seine Plastiken leidenschaftlich sinnlich durch den obsessiven Einsatz des eigenen Körpers formte, neben zahlreichen Gruppen- und Soloausstellungen die wichtigste Einzelausstellung im Kunstmuseum Bochum. Ein 1994 entstandenes Pendant der „Lebensgröße“ befindet sich in Essen auf der Skulpturenwiese Moltkeplatz. Die Oberfläche der Bronze ist lebhaft schrundig gestaltet. Viele Kerben, Furchen und Vertiefungen deuten auf eine dem Bronzeguss vorangegangene intensive Materialbearbeitung des Gips` hin. Tatsächlich ist die „Lebensgröße“ das Resultat einer im Atelier als Intensiv-Kontakt mit dem Werkstoff vollzogenen, nichtöffentlichen Performance, in der, laut Manfred Schneckenburger, der nackte Künstler den noch nassen Gipsblock mit seinem Körper regelrecht abschleift: „Er presst, dreht, windet sich nach einem genau bemessenen Programm in und gegen den Block, durchpflügt den Gips nach innen, umspannt ihn von außen… Die fertige Skulptur hält die Körperform als negatives Volumen fest, mit deutlichen Schleifzonen und Druckstellen kleinerer Gliedmaßen wie Daumen oder Fußsohlen.“ Heinz Breloh war durch und durch Bildhauer. Immer wieder hat er das Handwerkliche, das Formen des Materials sowie seinen eigenen körperlichen Einsatz bei der Formung des Kunstwerks betont: „Das ist eigentlich der Wunsch, dass die Plastik einem so nahe kommt, wie ein Mensch, wie, sagen wir mal Sex, dieses ganz Nahe.“ In den neunziger Jahren thematisierte Heinz Breloh den Bildhauer als „Sechsender“ – wie er es bezeichnete – mit den sechs sinnlichen Kraftenden Kopf, Arme, Beine und Genital. Die Skulptur ist eine Dauerleihgabe der „Stiftung der Sparkasse Bochum zur Förderung von Kultur und Wissenschaft“.
„Grande ruota“ (2000), Eisen, von Giuseppe Spagnulo (1936-2016)
Die „Grande ruota“, das „Große Rad“, ist ein 53 Tonnen schweres, dennoch dynamisch wirkendes Werk aus massivem Eisen von großer Präsenz. Es wurde von dem international bedeutenden, aus dem süditalienischen Apulien stammenden Bildhauer Giuseppe Spagnulo geschaffen. Ursprünglich war es in dem Bochumer Skulpturenpark „Situation Kunst – Für Max Imdahl“ in Weitmar verortet. Seit 2006 steht die mit dem Verhältnis von Stabilität und Labilität spielende Großplastik als private Dauerleihgabe und als markanter Blickfang vor dem Kunstmuseum Bochum am Eingang des Stadtparks. Das sockellos installierte Werk inszeniert ein intensives Spannungsverhältnis zwischen zwei unterschiedlichen geometrischen Formen. Die 80 Zentimeter dicke, 3,30 Meter im Radius messende Scheibe, – das „Rad“ – , setzt sich zu einem, aus ihrem Inneren herausgebrochenen, größtmöglichen Quadrat ins Verhältnis. Erst im Umschreiten der materialintensiven, von großer Krafteinwirkung geprägten Plastik zeigt sich, dass die beiden sie prägenden, gegensätzlichen Formelemente nicht vollständig getrennt sind, ja einander sogar stützen. Wer allerdings wen stützend aufrecht hält, bleibt offen. Dass es sich jedoch um zwei Polaritäten (rund- eckig) eines gemeinsamen Ursprungs handelt, die nicht ohne ihr Gegenteil bzw. ihren Gegenspieler ihre Stabilität bewahren können, ist offensichtlich. Zeitlebens hat der aus einer Keramikerfamilie stammende Giuseppe Spagnulo an der Öffnung von geschlossenen Formen und Systemen gearbeitet, – durchaus auch in gesellschaftspolitischer Absicht. 1968 hatte sich der documenta- und Biennale-Teilnehmer aktiv an den studentischen Aufständen in Mailand beteiligt. Seine den Werkstoff und dessen Bearbeitung durch menschliche Einflussnahme thematisierende Kunst verstand der am griechischen Mythos genauso wie an der Minimal Art interessierte Künstler als anschaulichen, existentiell-philosophischen Beitrag in der Überzeugung, dass kraftvoll eingesetzte Energie widerständige Strukturen verändert und aufbricht.
„Iron Report“ (1979/80), verschiedene Metallteile und Schlacke, von Aleš Veselý (1935 -2015)
Das aus unterschiedlichen Metallresten und Schrottteilen zusammengesetzte, 3-teilige Skulpturen-Ensemble „Iron Report“ wurde im Rahmen des 1. Bochumer Bildhauersymposions 1979/80 von dem tschechischen Künstler Aleš Veselý für den Stadtpark geschaffen. Initiiert worden war das als Vorreiter einer öffentlichen Diskussion von Kunstwerken unter freiem Himmel geltende Kunstprojekt mit insgesamt neun internationalen Künstlern von dem damaligen Museumsdirektor Peter Spielmann. Bis heute stellt es einen deutschlandweit frühesten Versuch dar zu einem besseren Verständnis von moderner, insbesondere abstrakter Kunst im öffentlichen Raum beizutragen. In Kooperation mit ortsansässigen, metallverarbeitenden Betrieben, die Platz und Materialien zur Verfügung stellten, waren die von einer Fachjury ausgewählten Teilnehmer eingeladen vor Ort ihre aus Metall zu fertigenden Kunstwerke zu realisieren. Für „Iron Report“, – was ein dem Werk nachträglich vom Künstler hinzugefügter Titel ist -, hat Aleš Veselý binnen von 4 Monaten verschiedene Abfall- und Schrotteile gesammelt, um sie mit Blick auf die Raumsituation vor Ort im Stadtpark zu einer großen Stahl-Collage zusammenzufügen. Dafür übertrug der einst als Professor für Monumentalskulptur an der Akademie der Bildenden Künste in Prag lehrende Künstler die Methode der traditionell flächigen Papier-Collagierung auf die Sparte raumbesetzender Metallskulptur. Mit 7,60 Metern Höhe, 9 Metern Länge und fast 30 Tonnen Gewicht dominiert die größte Skulptur des „Iron Report“ als zentraler Bezugspunkt das 3-teilige Ensemble. Während die entfernt an einen Mixer erinnernde Hauptskulptur exponiert auf einem Hügel steht, finden sich die beiden kleineren Teile im unteren Bereich des abfallenden Geländes. Imaginär bildet die Positionierung der kleineren Skulpturen zusammen mit dem Hauptbezugspunkt der erhöht installierten Hauptskulptur ein unregelmäßiges Dreiecksverhältnis. Dieser sich über unterschiedliche Distanzen vernetzende Raumdialog erfährt eine nochmalige Potenzierung durch den in allen drei Skulpturen verarbeiteten Mix aus Metall- und Schlacke-Werkstoffen. So entspannt sich jenseits von vorbildbezogener Abbildlichkeit bzw. Illustration ein raum-stoffliches Relationsverhältnis ganz eigener, sur-realer Bildlichkeit, das die Vorstellung einer übergeordneten Ganzen provoziert, zu dem sich die Teile wie versprengt im Raum verhalten. Es kann als Einladung an den Betrachter verstanden werden, sich durch die eigene Positionierung in ein selbst gewähltes Beziehungsverhältnis zum Teil-Ganze-Verhältnis zu setzen. „Iron Report“ wurde in über 300 Zeichnungen und Skizzen vorbereitend konzipiert.
„Skyline“ (2010), Leuchtstoffröhren, von François Morellet (1926 – 2016)
Der filigrane Lichtbogen „Skyline“ des französischen Künstlers François Morellet an der Hauptfassade des Kunstmuseum Bochum wurde als Beitrag zum Kulturhauptstadtjahr 2010 installiert. Zunächst temporär für ein Jahr geplant, hat sich die ortsspezifisch konzipierte Lichtskulptur eines der wichtigsten Künstler der Geometrischen Abstraktion als städtische Landmarke im öffentlichen Raum etabliert. Inzwischen ist der langfristige Verbleib von „Skyline“ gesichert. Als einer der ersten im Bereich der Lichtkunst hat François Morellet zeitlebens in diesem Bereich immateriellen Werkstoffs gearbeitet. 1963 entstand François Morellets erste Neonarbeit. Seinen oft ortsspezifisch konzipierten Werken gingen zumeist wissenschaftliche, strukturelle Experimente voraus. Eine anonyme, industriell geprägte Handschrift ist typisch für den Künstler. François Morellet ist Mitbegründer der Gruppe GRAV (Groupe de Recherche d`art visuel). Als einer der wenigen Vertreter Konkreter Kunst verknüpft er die rationale Ästhetik und den präzisen Minimalismus seiner Werke mit Humor: „Kunstwerke sind Picknickplätze, spanische Wirtshäuser, wo man das verzehrt, was man selber mitgebracht hat…“ Auch „Skyline“ erscheint von einer spielerischen Leichtigkeit. Bei Dunkelheit leuchtet die tagsüber kaum sichtbare Lichtlinie magisch blau, obwohl sie eine eigentlich radikal puristische Setzung ist. „Skyline“ zeichnet mit dem an sich immateriellen Licht einen im oberen Mittelfeld unterbrochenen, an die architektonischen Vor- und Rücksprünge der Museumsfassade angepassten Halbkreis, der sich, – zu beiden Seiten bodenwärts neigend -, imäginär unter der Erde zu einem Kreissegment vervollständigt. Dessen Radius misst 69 Meter. Gleichzeitigt setzt das vom Lichtbogen ausgesparte obere Feld die Skyline des hinter dem Kunstmuseum Bochum befindlichen Bergbaumuseums in Szene: So, dass vom Stadtpark aus auf das Kunstmuseum zulaufend ein Teil des historischen Förderturms des Bergbaumuseums als gegenständliches Bildfeld, eingefügt in einem minimalistischen Lichtbogen, zu sehen ist. Durch diese optische Verklammerung beider Museen wird ein zeitüberspannender Bezug zwischen der Bergbaugeschichte des Ruhrgebietes und dem Einsatz industrieller Werkstoffe (Leuchtstoffröhren) in der Gegenwartskunst initiiert.