Andreas Golinski: In den Tiefen der Erinnerung.
Karl Ernst Osthaus Vision, „die Schönheit wieder zur herrschenden Macht im Leben“ werden zu lassen, beabsichtigte, für die Industrieregion an der Ruhr eine Identität, einen Genius loci zu erschaffen. Ästhetik sollte fehlende gesellschaftliche Ideale generieren. Der „Genius des Ortes“ steht in enger Verbindung zu dem jedem Menschen eigenen Personalgenius und über das Individuum hinaus kann ein mit dem Lebensraum verbundener Gruppengeist entstehen. Kunst in ein sozial extremes Milieu zu holen, potenziert die Wechselwirkung. Als mit der Kohlekrise die Unorte Industriebrachen entstanden, erspürten Künstler dort den Genius loci und nutzten dessen Energie zum Strukturwandel. Andreas Golinski schafft einen Ort, der die spezifische Geistigkeit der Region nach dem Bergbau erfahrbar werden lässt. Seine Rauminstallation aus industriell gefertigten Teilen ist eine künstlerische Abstraktion wie auch Konkretion der Geschichte, Gegenwart und Zukunft dieser Landschaft zugeschütteter Bergwerke und transloziert so ihren von Verletztheit und Zerrissenheit geprägten Genius loci in einen Kunstraum. Golinski fordert mittels der Metapher des Risses die Oberfläche zu durchdringen und ein Darunterliegendes zu erahnen. Mit Architekturfantasien von Giovanni Battista Piranesi, Walter Pichler oder Alexander Brodsky sowie von ihm als Aufsichten gelesenen abstrakten Kompositionen von Malewitsch u. a. provoziert er eine Tiefe ergründende Betrachtung. In der Golinski kennzeichnenden ästhetischen Paradoxie der narrativen Abstraktion, die zugleich historisch, faktisch und psychologisierend argumentiert, transformiert er Aspekte seiner Recherchen über aufgegebene so wie neu entstandene unterirdische Industrieanlagen, über technische Zukunftsvisionen und unkalkulierbare Risiken, über Bergschäden an Häusern und Einbrüche ganzer Straßen zu einer multimedialen Rauminstallation. Sie imaginiert eine Welt unter Tage und transzendiert zugleich zu einem ästhetischen Energiefeldfeld in Gestalt einer Ausgrabungsstätte. In dieser mentalen Archäologie stoßen Realität und Idealität, Profanität und Spiritualität hart aufeinander. Man spürt den anwesenden Genius loci. Aus den Tiefen der Erinnerung gelangt man in eine Ausstellung von Grabungsfunden; eine museale Präsentation unterstreicht deren Ästhetik und ihre Potenz, zwischen Abstraktion und möglicher Funktion, zwischen kollektiver Zivilisationsgeschichte und individuellen Lebensgeschichten zu oszillieren.
Hans Günter Golinski
KOMBI TICKET
Zur Ausstellung Kunst & Kohle erscheint ein Kombi-Ticket zum Normalpreis von 25 € bzw. zum ermäßigten Preis von 15 € (Kinder und Jugendliche von 6 bis 18 Jahren, Schüler und Studenten, Menschen mit Behinderung (ab 70%), Bundesfreiwilligendienstleistende, Menschen mit Sozialhilfebezug).
Das Kombi-Ticket berechtigt zum mehrmaligen Besuch der Ausstellung Kunst & Kohle in allen teilnehmenden Museen über den gesamten Ausstellungszeitraum. Das Kombi-Ticket ist ab dem 02. Mai bei folgenden Verkaufsstellen erhältlich:
– in allen teilnehmenden Museen
– Tickethotline der Ruhr Tourismus GmbH unter 01806.18 16 50 (0,20 €/Anruf a. d. dt. Festnetz; Mobilfunkpreise)
– online im Shop der Ruhr Tourismus GmbH