—————————— Das künstlerische Oeuvre von Julius Bissier (1893 – 1965) durchläuft während seines über 50jährigen Schaffens formal sehr unterschiedliche Phasen; ihnen liegt ein konsequentes Konzept, eine sich kontinuierlich entwickelnde Geistigkeit zugrunde, die erstmals in diesem Ausstellungsprojekt thematisiert wird. Seine Kunst verweist, vom hintergründigen Abbild gelangt er zu einem auf das Wesentliche reduzierte Sinnbild. Der Maler Bissier schafft eine philosophische Kunst, seine Beschäftigung mit deutscher Mystik, neuplantonischen Ideen und asiatischen Weltbildern kann als existenzielle Sinnsuche gedeutet werden. Der wichtige Wegbegleiter und Interpret seines Werkes, Werner Schmalenbach, betont zwar, dass Bissier die reine Sprache der Malerei spricht.
Aber so sehr es ihm um Bilder zu tun ist, so ist doch jedes dieser Bilder sinnerfüllt; wo es keinen Sinn offenbart, ist für ihn – und für uns – kein gültiges Bild. (Schmalenbach)
Für die Erfindungen seiner Sinnbilder sind die Schriften des Religionskritikers und Symbolforschers Johann Jacob Bachhofen bedeutsam. Dessen Betrachtung des Weltgeschehens als einen ewigen Kampf zwischen Hell und Dunkel, Himmel und Erde, Geburt und Tod, Männlichem und Weiblichen bestärken Bissier in seinem „biotischen Dualismus“. Vertraute Gegenstände, Formen der Natur und Zeichen wie Gefäße, Früchte oder Pfeile gibt Bachhofen konkrete symbolische Bedeutungen; Bissier bildet sie in farbigen Aquarellen gegenständlich ab oder aber abstrahiert sie in seinen monochromen Tuschen. Die Bissier kennzeichnenden kalligraphischen Pinselsetzungen, die in ihrer asketischen Reduktion der Ästhetik des Zen-Buddhismus entsprechen, eröffnen eine besondere Form der kontemplativen Kunstbetrachtung. Um abendländische und asiatische Mystik wissend, (er)findet er universelle Bilder des Geistes. Doch der metaphoriische Maler Bissier weiß auch um die Sinnlichkeit der Farbe. Mit wundersamer Leichtigkeit scheint er farbenfrohen Tempera- und Aquarellminiaturen geschaffen zu haben; voll heiteren Lebens entfalten sie Formen und Farben mit großer Ernsthaftigkeit. Mit nahezu musikalischer Präsenz lassen sie Stille erfahren. Diesseitige Dinge, Symbole, Zeichen und Schrift fügen sich zu Hieroglyphen, die von einer anderen Welt zu künden scheinen. Der Malgrund illusioniert keinen empirischen Raum, sondern imaginiert unergründliche Tiefe, in der die erdgebundenen Dinge durch Transperanz und Fluidität das Auge nicht nur zum Sehen, sondern zum Schauen auffordern.
Ein Gemeinschaftsprojekt von
- Kunstmuseum Bochum (26. Juli bis 5. Oktober 2008)
- Museum Liner, Appenzell (9. November 2008 bis 15. Februar 2009)
- Museo Cantonale d’Arte, Lugano (14. März bis 14. Juni 2009)